Medizinisches Cannabis bei ADHS
Was ist ADHS?
ADHS ist eine Störung der Hirnfunktion, die sich durch anhaltende Muster von Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität auszeichnet. Während bei Kindern häufig Hyperaktivität im Vordergrund stehen kann, sind bei Erwachsenen oftmals Symptome der Unaufmerksamkeit, Ungeduld oder Stimmungsschwankungen führend. ADHS wird bei Erwachsenen seltener diagnostiziert als bei Kindern, was teilweise an der unterschiedlichen Ausprägung der Symptome liegen kann. Bis zu zwei Drittel der Kinder mit ADHS nehmen die Symptome mit ins Erwachsenenalter.
[Barkley et al. 2002]
In Deutschland sollen etwa 2,5 Prozent der Erwachsenen ADHS haben
[S3-Leitlinie ADHS im Kinder-, Jugend- und Erwachsenenalter]. Generell scheinen Männer etwas häufiger betroffen zu sein als Frauen.
[Kessler et al. 2006]
ADHS Symptome
Die Symptome von ADHS im Erwachsenenalter ähneln denen in der Kindheit, sind jedoch oft subtiler und äußern sich anders aufgrund veränderter Anforderungen im Alltag. Hier sind die Hauptsymptome:
Unaufmerksamkeit: Erwachsene mit ADHS haben oft Schwierigkeiten, sich auf Details zu konzentrieren oder Aufgaben über längere Zeit aufmerksam zu bearbeiten. Sie können leicht abgelenkt werden, Projekte nicht zu Ende führen oder häufig Dinge verlegen.
Desorganisation: Schwierigkeiten, den Alltag zu strukturieren, sind häufig. Betroffene haben oft Probleme, Zeitpläne einzuhalten, Aufgaben zu priorisieren oder ihren Arbeitsplatz organisiert zu halten.
Vergesslichkeit: Regelmäßiges Vergessen von Terminen, Aufgaben oder alltäglichen Verpflichtungen kann ein Anzeichen für ADHS im Erwachsenenalter sein.
Impulsivität: Erwachsene mit ADHS handeln oft impulsiv, was sich in schnellen Entscheidungen, impulsiven Käufen oder unüberlegtem Verhalten äußern kann. Sie können auch Schwierigkeiten haben, Gespräche abzuwarten oder andere Menschen ausreden zu lassen.
Innere Unruhe: Anstelle der motorischen Hyperaktivität, die bei Kindern häufiger vorkommt, erleben viele Erwachsene mit ADHS eine innere Unruhe oder das Gefühl, ständig in Bewegung sein zu müssen.
Emotionale Dysregulation: Menschen mit ADHS können Schwierigkeiten haben, ihre Emotionen zu kontrollieren. Sie sind oft reizbar, frustriert oder haben Stimmungsschwankungen.
Probleme in Beziehungen: Aufgrund der Impulsivität, Vergesslichkeit und Konzentrationsprobleme können zwischenmenschliche Beziehungen, ob privat oder beruflich, leiden. Konflikte oder Missverständnisse entstehen oft durch unüberlegtes Verhalten oder Ablenkung.
Diese Symptome können je nach Person unterschiedlich stark ausgeprägt sein und oft zu Schwierigkeiten im Beruf, in der Ausbildung oder im Privatleben führen.
Diagnose
Symptome:
Mindestens fünf der ADHS-spezifischen Symptome müssen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten bestehen.
Früher Beginn:
Die Symptome müssen bereits in der Kindheit vorhanden gewesen sein, auch wenn sie erst im Erwachsenenalter diagnostiziert werden.
Beeinträchtigung in mehreren Lebensbereichen:
Die Symptome müssen zu einer Beeinträchtigung in sozialen, beruflichen oder anderen wichtigen Bereichen des Lebens führen.
Ausschluss anderer Ursachen:
Die Symptome können nicht besser durch eine andere psychische Störung erklärt werden.
Therapie
Die Behandlung von ADHS bei Erwachsenen ist individuell und kann verschiedene Ansätze kombinieren. Am wichtigsten sind medikamentöse und psychologische Optionen. Stimulierende Medikamente wie Methylphenidat, besser bekannt als Ritalin, oder Dextroamphetamin sind häufig die erste Wahl und können die Konzentration verbessern und Impulsivität reduzieren. Zu den nicht-stimulierenden Medikamenten zählen Atomoxetin oder Guanfacin, die ebenfalls eingesetzt werden können, besonders wenn Stimulanzien nicht vertragen werden oder kontraindiziert sind. Die kognitive Verhaltenstherapie stellt eine weitere Therapiemöglichkeit dar. Sie kann dabei helfen, negative Denkmuster zu erkennen und zu verändern sowie bessere Bewältigungsstrategien und Routinen für den Alltag zu entwickeln
[Leitlinie ADHS, MSD Manual].
Im beruflichen Umfeld können Anpassungen am Arbeitsplatz, wie flexible Arbeitszeiten oder ein strukturierter Arbeitsplatz, helfen, die Produktivität zu steigern und Stress zu reduzieren. Auch regelmäßige körperliche Aktivität, eine ausgewogene Ernährung und ausreichender Schlaf können die Symptome von ADHS positiv beeinflussen. Techniken zur Stressbewältigung, wie Meditation oder Yoga, können ebenfalls hilfreich sein.
Ein relativ neues Therapiefeld bei ADHS stellt medizinisches Cannabis dar. Die Cannabis-Therapie wird zunehmend als potenzielle Option zur Linderung von ADHS-Symptomen diskutiert. Einige Menschen berichten, dass Cannabis ihnen hilft, sich besser zu konzentrieren, ihre Impulsivität zu kontrollieren und eine innere Ruhe zu finden. Vielleicht kommt eine Therapie mit medizinischem Cannabis bei ADHS auch für Dich infrage.
Cannabis bei ADHS: Was verspricht die pflanzliche Medizin?
Cannabis als pflanzliche Medizin wird zunehmend bei verschiedenen Erkrankungen diskutiert, darunter auch ADHS. Menschen mit ADHS kämpfen häufig mit Symptomen wie Konzentrationsschwierigkeiten, innerer Unruhe und Impulsivität. Befürworter der Cannabis-Therapie argumentieren, dass die beruhigenden und fokussierenden Eigenschaften von Cannabinoiden, insbesondere von CBD, diesen Betroffenen helfen könnten, ihre Symptome besser zu kontrollieren. Cannabis wirkt auf das Endocannabinoid-System des Körpers, das an der Regulierung von Stimmung, Aufmerksamkeit und Impulsivität beteiligt ist. Theoretisch könnte die Einnahme von Cannabis dazu beitragen, das Gleichgewicht in diesem System zu unterstützen. Viele ADHS-Betroffene berichten von einer verbesserten Konzentration, weniger Unruhe und einem allgemein entspannteren Zustand.
Die Studienlage zu Cannabis und ADHS
Für den Einsatz von medizinischem Cannabis bei ADHS ist die Datenlage noch nicht eindeutig geklärt. Derzeit gibt es noch keine eindeutige Empfehlung für die Nutzung von medizinischem Cannabis bei ADHS [Francisco et al. 2023], da die Forschung dazu noch in den Kinderschuhen steckt. Daher muss immer eine individuelle Entscheidung zwischen Arzt und Patienten getroffen werden, ob und in welchem Ausmaß Cannabis bei der Therapie von ADHS helfen könnte. Einige Studien und Fallberichte beschreiben positive Effekte auf die ADHS-Symptome bei bestimmten Patienten, insbesondere in Bezug auf die Verbesserung von Konzentration und die Verringerung von Hyperaktivität und Impulsivität [Cooper et al. 2017]. Es besteht ein dringender Bedarf an weiteren, groß angelegten, kontrollierten Studien, um die Wirksamkeit und Sicherheit von Cannabis bei ADHS zu bestätigen. Bis dahin sollte der Einsatz von Cannabis bei ADHS mit Vorsicht und unter strenger ärztlicher Aufsicht erfolgen.
Häufige Fragen zu Cannabis und ADHS
Cannabis bei ADHS könnte eine beruhigende und fokussierende Wirkung haben, da es das Endocannabinoid-System im Gehirn beeinflusst. Dieses System reguliert unter anderem Aufmerksamkeit, Impulsivität und emotionale Reaktionen. Besonders das Cannabinoid CBD wird für seine potenziell angstlösende und entspannende Wirkung geschätzt. Bei falscher Anwendung und Überdosierung kann es zu diesen Nebenwirkungen kommen. Wir arbeiten bei 5SWAN mit kleinsten Mikrodosierungen nach dem Motto: “ So wenig wie möglich, so viel wie nötig“. Unser Ziel ist es den Patienten langfristig auf eine geringe Menge einzustellen, die ihn nicht psychoaktiv beeinflusst, aber insgesamt eine bessere Lebensqualität bietet. Der Patient wird genau angelernt sein Medikament zu nutzen um die bestmögliche Wirkung heraus zu holen. Die wissenschaftliche Datenlage ist noch begrenzt, und die Wirkung variiert individuell stark.
Cannabis kann bei der Behandlung von ADHS eingesetzt werden, um Symptome wie Hyperaktivität, Impulsivität und Konzentrationsprobleme zu lindern. Es enthält Cannabinoide wie THC und CBD, die helfen können, das Gleichgewicht der Neurotransmitter im Gehirn, insbesondere Dopamin und Serotonin, zu unterstützen. Dies führt zu einer besseren Regulierung von Aufmerksamkeit und Impulskontrolle. Die Behandlung erfolgt oft auf Rezept, wobei eine Kostenübernahme bei der Krankenkasse beantragt werden kann, wenn andere Therapien erfolglos waren. Aufgrund des möglichen Risikos einer Abhängigkeit sollte die Therapie jedoch gut überwacht werden.
Zusätzlich zu Cannabinoiden können bestimmte Terpene in Cannabis eine unterstützende Rolle spielen. Terpene wie Limonen, Caryophyllen, Pinene und Linalool haben spezifische Eigenschaften, die bei der Linderung von ADHS-Symptomen hilfreich sein können. Limonen hat stimmungsaufhellende Effekte und verbessert die Motivation sowie den Fokus. Caryophyllen wirkt entspannend und kann Stress und Angst reduzieren. Pinene unterstützt die kognitiven Funktionen und fördert Konzentration und Aufmerksamkeit. Linalool ist für seine beruhigende Wirkung bekannt und kann Hyperaktivität und Unruhe mindern. Diese Terpene wirken synergistisch mit den Cannabinoiden und bieten positive Effekte bei der Behandlung von ADHS, je nach den individuellen Bedürfnissen des Patienten.
Was ADHS-Patienten über die
Therapie mit Cannabis berichten
Vor neun Monaten (Februar 2024) begann ich meine Therapie mit medizinischem Cannabis, um meine ADHS-Symptome zu lindern. Zuvor litt ich stark unter Unruhe, hatte große Schwierigkeiten, mich zu konzentrieren, was meine Arbeit massiv beeinträchtigte. Ich konnte wegen der inneren Unruhe nachts kaum einschlafen.
Nach etwa zwei Monaten der Therapieeinstellung und dem Erlernen der richtigen Nutzung des medizinischen Verdampfers, was mir durch das Team von 5SWAN sehr gut erklärt wurde, konnte ich die optimale Einstellung für mich finden. Tagsüber verwende ich eine CBD-dominante Blüte (ca. 0,3 g täglich), die mir hilft, ruhiger und fokussierter zu bleiben, ohne mich müde zu fühlen. Abends nutze ich eine THC-dominante Blüte mit 17 % THC (ca. 0,3-0,5 g täglich), die mir ermöglicht, besser zu entspannen und schließlich in einen erholsamen Schlaf zu finden.
Durch diese Behandlung habe ich nicht nur eine spürbare Verbesserung in meiner Konzentration und Arbeitsleistung erfahren, sondern fühle mich auch insgesamt viel ausgeglichener. Regelmäßiger Sport ist nun fester Bestandteil meines Alltags, und mein Schlaf ist erholsamer geworden. Mein Arzt hat mir zusätzlich erklärt, wie ich meine Schlafhygiene verbessern kann, was ebenfalls zu einer besseren Lebensqualität geführt hat.
Dank der Kombination von medizinischem Cannabis und den Ratschlägen meines Arztes fühle ich mich heute deutlich besser eingestellt und bin zufriedener mit meinem Alltag.
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Referenzen
- Barkley RA et al. The persistence of attention-deficit/hyperactivity disorder into young adulthood as a function of reporting source and definition of disorder. J Abnorm Psychol. 2002 May; 111(2): 279-89.
- S3-Leitlinie ADHS im Kinder-, Jugend- und Erwachsenenalter
- Kessler RC et al. The prevalence and correlates of adult ADHD in the United States: results from the National Comorbidity Survey Replication (NCS-R). Am J Psychiatry 2006;163(4):716–72.
- Francisco AP et al. Cannabis use in Attention – Deficit/Hyperactivity Disorder (ADHD): A scoping review. J Psychiatr Res. 2023 Jan; 157: 239-256.
- Cooper RE et al. Cannabinoids in attention-deficit/hyperactivity disorder: A randomised-controlled trial. Eur Neuropsychopharmacol. 2017 Aug; 27(8): 795-808.
Unser Autor
Grischa Judanin, Arzt
In den letzten vier Jahren habe ich zahlreiche Patienten begleitet und betreut. Vor allem in der Behandlung von ADHS beobachte ich oft rasche und positive Veränderungen. Aus meiner Erfahrung kann eine Therapie mit medizinischem Cannabis dazu beitragen, diese Symptome zu lindern und die Lebensqualität zu verbessern. Meine Erfahrungen teile ich gerne mit den Ärzten bei 5SWAN und unterstütze sie bei ihren Therapieentscheidungen.
Qualitätssicherung: Dr. David Hanisch