Hyperhidrose: Cannabis als Therapieoption?
Was ist Hyperhidrose?
Hyperhidrose bezeichnet übermäßiges Schwitzen, welches über das zur Regulierung der Körpertemperatur erforderliche Schwitzen hinausgeht. Betroffene schwitzen oft in Situationen, in denen es nicht notwendig wäre, wie bei kühlen Temperaturen oder in Ruhe. Die Hyperhidrose kann bestimmte Körperbereiche wie Hände, Füße oder Achseln betreffen (fokale Hyperhidrose) oder den gesamten Körper (generalisierte Hyperhidrose). [MSD Manual, Hyperhidrose, 2024]
Hyperhidrose ist relativ häufig und betrifft etwa 1–2% der deutschen Bevölkerung [Uniklinikum Freiburg]. In Deutschland sind schätzungsweise etwa 2 bis 3 Millionen Menschen von der Erkrankung betroffen. Primäre Hyperhidrose beginnt oft in der Jugend und betrifft Männer und Frauen gleichermaßen. Viele Betroffene zögern jedoch, ärztliche Hilfe zu suchen, weil ihnen die Erkrankung peinlich ist oder sie das Schwitzen für ein unvermeidbares Problem halten.
Die Hyperhidrose kann unterschiedlich eingeteilt werden. [MSD Manual, Hyperhidrose, 2024] Die primäre Hyperhidrose ist eine angeborene Störung. Tritt der Schweiß als Folge einer anderen Beeinträchtigung auf, wird von einer sekundären Hyperhidrose gesprochen. Zusätzlich gibt es generalisiertes Schwitzen am gesamten Körper und fokales Schwitzen, welches sich auf einzelne Regionen (z.B. Achseln, Hände) beschränkt.
Primäre Hyperhidrose: Diese Form tritt oft in der Kindheit oder Jugend auf. Ihre Ursache ist unbekannt, sie wird aber nicht durch andere Erkrankungen ausgelöst.
- Sekundäre Hyperhidrose: Diese Art von Hyperhidrose ist eine Folge anderer medizinischer Zustände oder Medikamenteneinnahmen. Sie tritt häufig in Verbindung mit Erkrankungen wie Schilddrüsenproblemen, Zuckerkrankheit oder hormonellen Veränderungen auf.
- Nächtliches generalisiertes Schwitzen kann Zeichen einer Tumorerkrankung sein und sollte schnellstmöglich ärztlich abgeklärt werden.
Symptome der Hyperhidrose
Das Hauptsymptom der Hyperhidrose ist das übermäßige Schwitzen, das häufig ohne erkennbaren Grund geschieht. Feuchte Hände und Füße oder nasse Kleidung sind typisch. Es kann zu Hautirritationen (z.B. rissige Haut) kommen, welche zudem Infektionen begünstigen können. Die soziale und emotionale Beeinträchtigung der Hyperhidrose kann stark ausgeprägt sein, denn das starke Schwitzen kann zu sozialen Ängsten, Scham und Isolation führen. Viele Betroffene können bei alltäglichen Aktivitäten wie Händeschütteln, Schreiben oder dem Tragen bestimmter Kleidung Stress und Unwohlsein erleben.
Die Diagnose von Hyperhidrose
Anamnese:
Der Arzt fragt nach der Häufigkeit, Dauer und Intensität des Schwitzens sowie den betroffenen Körperregionen. Besonders bei der primären Hyperhidrose ist es typisch, dass das Schwi
Fragen zur Beeinträchtigung:
Ärzte fragen oft, wie stark das Schwitzen den Alltag beeinträchtigt. Dazu gehören Fragen zur sozialen und beruflichen Beeinträchtigung.
Schweißtests:
In manchen Fällen wird ein Schweißtest durchgeführt, bei dem ein bestimmter Bereich der Haut auf Schweißproduktion getestet wird. Ein Beispiel dafür ist der Jod-Stärke-Test, bei de
Ausschluss anderer Ursachen:
Bei der sekundären Hyperhidrose ist es wichtig, mögliche Grunderkrankungen wie Stoffwechselstörungen (z.B. Diabetes), hormonelle Probleme (z.B. Schilddrüsenerkrankungen) oder Krebs
Behandlung von Hyperhidrose
Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten für Hyperhidrose, die je nach Schweregrad und Ursache der Erkrankung eingesetzt werden können. Die Therapie zielt darauf ab, das übermäßige Schwitzen zu reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
- Antitranspirante: Für viele Betroffene sind rezeptfreie oder verschreibungspflichtige Antitranspirante der erste Schritt. Diese Produkte enthalten Aluminiumsalze, die die Schweißdrüsen blockieren und so das Schwitzen verringern können. Sie werden häufig auf betroffene Stellen wie die Achselhöhlen oder Handflächen aufgetragen. Häufig reichen diese Produkte aber nicht aus, um die Symptome und den Geruch ausreichend zu bekämpfen.
- Iontophorese: Bei dieser Methode wird schwacher elektrischer Strom durch Wasser geleitet, in dem die betroffenen Hände oder Füße eingetaucht werden. Dies soll die Aktivität der Schweißdrüsen reduzieren. Die Behandlung muss allerdings regelmäßig durchgeführt werden, um gute Ergebnisse zu erzielen.
- Botox-Injektionen: Botulinumtoxin (Botox) kann direkt in die Haut injiziert werden, um die Aktivität der Schweißdrüsen zu blockieren. Diese Behandlung ist besonders effektiv bei fokaler Hyperhidrose, z. B. in den Achselhöhlen. Die Wirkung hält in der Regel nur einige Monate an, bevor die Behandlung wiederholt werden muss.
- Medikamente: In schweren Fällen können systemische Medikamente verschrieben werden, um das Schwitzen zu reduzieren. Dazu gehören Anticholinergika, die die Schweißproduktion im ganzen Körper hemmen. Diese Medikamente können jedoch Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit und verschwommenes Sehen haben.
- Operative Eingriffe: Bei besonders schwerer Hyperhidrose, die auf andere Therapien nicht anspricht, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Eine Möglichkeit ist die sogenannte endoskopische thorakale Sympathektomie (ETS), bei der bestimmte Nerven, die das Schwitzen steuern, durchtrennt oder geklemmt werden. Diese Operation kann jedoch zu Komplikationen führen und wird daher nur in Ausnahmefällen empfohlen.
- Lebensstiländerungen: Bestimmte Maßnahmen, wie das Tragen atmungsaktiver Kleidung und das Vermeiden von schweißauslösenden Lebensmitteln (z. B. scharfe Speisen, Alkohol), können helfen, das Schwitzen zu reduzieren. Entspannungstechniken wie Yoga oder Meditation können bei Stress- oder angstbedingtem Schwitzen ebenfalls hilfreich sein.
In letzter Zeit wird wie bei vielen anderen Krankheitsbildern auch bei der Hyperhidrose Cannabis als pflanzliches Mittel als eine potenziell erfolgversprechende Therapie diskutiert und bereits in der Praxis verwendet. Solltest Du einer Therapie mit medizinischen Cannabis offen gegenüberstehen, kann es Dir potenziell helfen, das übermäßige Schwitzen besser in den Griff zu bekommen. Dabei sollte stets auf eine richtige Anwendung geachtet werden. Dein Arzt und unser Team bei 5SWAN unterstützen dich hier gerne.
Mit medizinischem Cannabis Hyperhidrose lindern
Die Bestandteile von medizinischem Cannabis wirken auf das Endocannabinoidsystem. Dieses beeinflusst etliche Funktionen unseres Körpers. Angst und Stress werden von ihm mitgesteuert, damit auch der Blutdruck und die Körpertemperatur. Weil sich die Wirkstoffe des medizinischen Cannabis an die Rezeptoren dieses Systems andocken, könnte das den an Hyperhidrose erkrankten Patienten ebenfalls helfen.
Der Einsatz von medizinischem Cannabis zur Behandlung von Hyperhidrose ist relativ neu. Bisher gibt es einige Hinweise, die darauf hindeuten, dass Cannabis in bestimmten Fällen hilfreich sein könnte, insbesondere durch seinen beruhigenden und Angst lindernden Effekte. Da Hyperhidrose häufig durch Stress und Angst verstärkt wird, könnte Cannabis indirekt helfen, indem es diese auslösenden Faktoren reduziert.
Mögliche Wirkmechanismen von Cannabis bei Hyperhidrose
- Angst- und Stressreduktion: Viele Patienten mit Hyperhidrose leiden unter sozialer Angst oder Stress, die das Schwitzen verschlimmern können. Studien haben gezeigt, dass bestimmte Cannabinoide, wie CBD (Cannabidiol), beruhigende Effekte haben und Angst reduzieren können. Indem Stress und Angstzustände gemildert werden, könnte auch das stressbedingte Schwitzen abnehmen.
- Beeinflussung des Nervensystems: Cannabis wirkt auf das Endocannabinoid-System, das unter anderem die Aktivität des Nervensystems reguliert. Bei Hyperhidrose ist das sympathische Nervensystem oft überaktiv, was zur übermäßigen Schweißproduktion führt. Es ist theoretisch möglich, dass die Einnahme von Cannabis über das Endocannabinoid-System regulierend wirken könnte, obwohl dieser Mechanismus bei Hyperhidrose nicht ausreichend erforscht ist.
https://www.jidonline.org/article/S0022-202X(15)35848-6/fulltext
- Schlafverbesserung: Viele Betroffene haben Probleme mit nächtlichem Schwitzen, was ihren Schlaf stören kann. Cannabis, insbesondere CBD, wird häufig zur Verbesserung der Schlafqualität eingesetzt und könnte dadurch auch indirekt zur Linderung von nächtlicher Hyperhidrose beitragen.
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Unser Autor
Grischa Judanin, Arzt
In meiner vierjährigen Tätigkeit habe ich viele Patienten mit Hyperhidrose begleitet. Diese Erkrankung äußert sich durch übermäßiges Schwitzen, besonders in Stresssituationen, was den Alltag der Betroffenen erheblich erschweren kann. Es hat sich gezeigt, dass eine Therapie mit medizinischem Cannabis, insbesondere die inhalative Anwendung von CBD-dominanten Blüten, das Schwitzen reduzieren und somit die Lebensqualität verbessern kann. Dabei ist es essenziell, diese Behandlung in enger Zusammenarbeit mit Fachärzten durchzuführen. Eine begleitende Therapie durch Spezialisten ist stets notwendig, um eine individuelle Betreuung zu gewährleisten und andere mögliche Ursachen oder Begleiterkrankungen nicht zu übersehen.
Qualitätssicherung: Dr. David Hanisch
Referenzen
- MSD Manual, Hyperhidrose, 2024, Verfügbar unter: https://www.msdmanuals.com/de/profi/erkrankungen-der-haut/krankhaft-vermehrte-schwei%C3%9Fbildung/hyperhidrose?ruleredirectid=740, (Letzter Zugriff: Oktober 2024)
- Uniklinikum Freiburg, Verfügbar unter: https://www.uniklinik-freiburg.de/thoraxchirurgie/krankheitsbilder/hyperhidrose.html#:~:text=Die%20Hyperhidrose%20ist%20eine%20Erkrankung,%C3%BCberm%C3%A4%C3%9Fig%20stark%20(generelle%20Hyperhidrose) , (Letzter Zugriff: Oktober 2024)